Landsberg Regesten

Noch in Korrektur!                                                                                                  14.10.11

 Die Anfänge der Stadt Landsberg am Lech*                                        

Aus: die Stadt Landsberg am Lech in der Städtelandschaft des frühen bayerischen              Territorialstaats (ZBLG Bd. 32) 68 - 103

* Der Beitrag wurde ab hier erstmals gedruckt in der Festschrift für Hans Fehn
in den Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in München Bd. 53, 1968,
S.377-404


Die Stadt Landsberg am Lech ist heute vor allem bekannt durch ihre
reizvolle landschaftliche Lage am Steilufer des Lechs und das einmalig
schöne Stadtbild ihrer historischen Altstadt. Der noch gut erhaltene
Mauerring, die vielen Türme und Tore, durch die man in die Stadt mit
[74] ihrem unverwechselbaren dreiecksförmigen Hauptplatz gelangen kann,
vermitteln auch demjenigen, der unbeschwert von allem historischen Wis-
sen nur die Schönheit dieser Stadt genießen will, eine leise Ahnung von
ihrem ehrwürdigen Alter. Ihre heutige, bescheidene Größe - sie hat nicht
ganz 15000 Einwohner -läßt nicht erkennen, daß Landsberg in früheren
Jahrhunderten einmal einen führenden Platz unter den bayerischen Städ-
ten eingenommen hat. In ihren Mauern saß im 15. und 16. Jahrhundert
eine durch Handel und Handwerk reich gewordene Bürgerschaft, die auch
auf geistig-kulturellem Gebiet eine rege Aktivität entfaltete. Die Stürme
der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges ruinierten das wirt-
schaftliche Rückgrat der Stadt und zerbrachen das stolze Selbstbewußtsein
der Bürgerschaft. Im 18. Jahrhundert, als man sich von Krieg und Pest
wieder einigermaßen erholt hatte, war die Erinnerung an die große Zeit
des Landsberger Bürgertums im 15. und 16. Jahrhundert noch durchaus
lebendig. Kein geringerer als der Schöpfer der "Topographia Bavariae",
der durch seine Kupferstiche berühmt gewordene Michael Wening war es,
der bei der Beschreibung der Stadt Landsberg 1726 anführte, daß ihre
Bürgerschaft "vor Jahren großes Gewerb und Handel geführt mit dem
Salzverschleiß in die Schweitz und Schwaben, so daß es ein Sprichwort
ware: ,wer in Landten zu Bayern sich niederzulassen gesinnet, soll wün-
schen, daß er eintweders auff Landtsperg oder Rosenheim falle, denn fallt
er auf Landtsperg, so fallet er in die Silbergrueb, fallet er auf Rosenheim,
so fallet er in die Schmaltzgrueb'Y'"! Vor Jahren - das war die Zeit vor
allem des 14. und 15. Jahrhunderts, in der Landsberg sich mächtig aus-
dehnte, sich ein mit festen Mauern umgebenes Stadtgebiet und einen aus-
gedehnten Burgfrieden geschaffen hat, die bis weit ins 19. Jahrhundert
hinein den Lebens- und Wirtschaftsraum des städtischen Landsberg bil-
den sollten. Als großes, eindrucksvolles Denkmal ragt aus dieser Zeit der
spätgotische Bau der Stadtpfarrkirche in unsere Tage herein, deren
Grundstein 1458 gelegt wurde.
Dank einer Reihe von Forschungen ist uns das spätmittelalterliche und
frühneuzeitliche Landsberg auf manchen Gebieten der Vergangenheit
entrissen und wieder gegenwärtig gemacht worden+. Aber nicht so sehr
die Hochblüte des städtischen Bürgertums im Spätmittelalter ist es ge-

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10 Bd. I (1726) S. 130. Vgl. auch H. FEHN, Städte und Märkte 1Z4, der Landsberg
in die Gruppe der "Handelsstädte" eingereiht und damit aus der Klasse der "Land-
städte" herausgehoben hat.
11 Siehe vor allem die zahlreichen Beiträge in den Landsberger Geschichtsblät-
tern, zuletzt redigiert von Altbürgermeister und Stadtarchivar Paul Winkelmayer +,

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[75]gewesen, die das Interesse der Stadtgeschichte gefunden hat, als vielmehr die
Zeit, in der die Stadt Landsberg gegründet worden ist. Das mag seinen
hauptsächlichen Grund vor allem darin haben, daß der Mangel an Quel-
len irruner wieder einen Anreiz bot, durch geistreiche Interpretationen,
Kombinationen, Theorien und Hypothesen die Vorgänge zu ergründen,
die zur Entstehung der Stadt Landsberg geführt haben. Manch wertvolle
neue Einsicht wurde dabei gewonnen, aber ebenso viel Widersprüchliches
ist damit gleichzeitig auch im Laufe der Jahrzehnte gesagt worden, so daß
es heute oft schwer fällt, eine klare historische Aussage über die Grün-
dungsgeschichte der Stadt Landsberg zu machen. Verwirrung wurde voll-
ends noch dadurch gestiftet, daß man in ortsgeschichtlichen Untersuchun-
gen nicht selten Ansichten und Theorien, die in der Literatur über die
Gründung der Stadt geäußert wurden, die gleiche Beweiskraft zugemes-
sen hat wie einer historischen Primärquelle. Läßt man die mit methodi-
schen Mängeln behafteten Arbeiten außer Betracht und berücksichtigt
man nur diejenigen, die bei ihren Theorien und Vermutungen von der
historischen Quelleninterpretation ausgegangen sind, so findet man auch
hier ganz unterschiedliche Ansichten über Zeitpunkt und Vorgang der
Stadtgründung vertreten. Man könnte Seiten füllen, wollte man alle Ver-
mutungen und Ansichten, die darüber angestellt worden sind, hier an-
führen und kritisch dazu Stellung zu nehmen. Für den Zweck unserer Un-
tersuchung bietet sich ein anderer, geeigneter Weg an, zu einer gesicher-
ten historischen Aussage zu gelangen: zunächst ohne Rücksicht, aber mit
Hilfe der vorhandenen Literatur, alle Quellenstellen, die zur Gründungs-
geschichte Landsbergs direkt oder indirekt etwas aussagen können, zu
sammeln und sie regestenförmig in zeitlicher Abfolge darzubieten. Dieser
Weg wurde bei der von mir durchgeführten Untersuchung der Landsber-
ger Stadtgeschichte im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Histori-
schen Atlasses und des Artikels "Landsberg" für das Deutsche Städtebuch
begangen; das Ergebnis sind die im Anhang beigegebenen "Regesten zur
Gründungs- und Frühgeschichte der Stadt Landsberg'". Mit ihrer
Kenntnis kann in Zukunft jederzeit nachgeprüft werden, was gesicherte
historische Quellenaussage und was daran sich anknüpfende historische
Interpretation, Vermutung, Theorie ist. Dadurch wird es auch ermöglicht,

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der sich große Verdienste um die Landsberger Stadtgeschichtsforschung erworben
hat.
12 S.97. Für viele gesprächsweise vermittelte Hinweise bin ich dem Bearbeiter 
des Bayernbandes des Deutschen Städtebuches, Oberregierungsarchivrat Dr. Fitz, zu
großem Dank verbunden.

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[76]den jeweiligen Grad der Wahrscheinlichkeit einer Vermutung oder
Schlußfolgerung jedermann sichtbar vor Augen zu führen.
Was ergibt nun die Quellensammlung an historisch einwandfrei fest-
stellbaren Tatsachen zur Gründungsgeschichte der Stadt Landsberg? Es
ist erstaunlich wenig und im Grunde nicht mehr als die folgenden vier
Feststellungen:
1. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts wird urkundlich erstmals ein Ort
"Phetine" genannt, nach den sich ritterliche Dienstmannen Herzog
Heinrichs des Löwen und Herzog Welfs VI. nennen.
2. Um 1160 wurde zu "Phetine" eine Burg erbaut, die in den Quellen
bald "Landespurch" bzw. "Landesperch" genannt wird; ihr Besitzer
war Herzog Heinrich der Löwe. Etwa gleichzeitig wird auch eine
Brücke bei der Landesburg erwähnt.
3. Die Kirche zu "Phetine" wurde vor 1219 von Herzog OUo 11. von
Bayern an das Kloster Wessobrunn geschenkt.
4. Nach 1279/84 bzw. 1291 wird Landsberg zum ersten Male urkundlich
als Stadt (civitas) erwähnt, die wittelsbachisch ist.
Diese vier Feststellungen werfen folgende Hauptprobleme auf, die vor
allem die Topographie betreffen: 1. Wo lag der Ort Phetine, 2. Wo lag
der Sitz der Ministerialen, die sich nach Phetine nennen und wo stand die
um 1160 erbaute Burg Phetine-Landespurch, 3. "Vo und seit wann exi-
stiert eine präurbane Siedlung als Vorläuferin der Stadt, 4. Wurde die
Stadt zu einem bestimmten Zeitpunkt planmäßig gebaut und wann wurde
sie mit Stadtrechten begabt? Man könnte auf diese Fragen entweder gar
keine oder nur eine mutmaßende Antwort geben, wenn uns nicht die
gewichtige topographische Quelle des Stadtgrundrisses zur Verfügung
stünde, so wie wir ihn aus den ältesten Katasterblättern der Jahre 1808ff.
entnehmen können'". In Verbindung mit urkundlichen Quellen des
14.-18. Jahrhunderts, die Rückschlüsse auf frühere Verhältnisse zulassen,
ist es dann möglich, Aussagen zu machen, denen ein hoher Grad von
Wahrscheinlichkeit zukommt. Beginnen wir mit der ersten Frage nach der
Lokalisierung von "Phetine".

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13 A-Kataster Finanzamt Landsberg Nr. 25a im Staatsarchiv für Oberbayern
München; Katasterpläne im Bayer. Landesvermessungsamt München. Vgl.
W. GÖRICH, Der Stadtgrundriß als Geschichtsquelle (Zs. d. Vereins f. Hess. Ge-
schichts- und Landeskunde 62) 1952, 55-65.

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I. Die Lage von Phetine


[77] Bereits ZINTGRAF14 und ZWERGER15 suchten im vorigen Jahrhundert
den Ort Phetine an der Bergstraße und am Hofgraben unterhalb des
Schloßberges. ZWERGER wußte 1889 noch, ohne einen Blick in den älte-
sten Kataster werfen zu müssen, daß die Häuser am Hofgraben und an der
Bergstraße bis hin zum Schmalzturm "noch vor kurzer Zeit" (bis 1848)
den Freiherren von Pfetten, den Nachfahren der Ministerialen des
12. Jahrhunderts, lehenbar gewesen sind. Aus der Lage des Pfettenschen
Lehensbesitzes zog er den Schluß, daß das alte Phetine genau denjenigen
Stadtteil umfaßte, "welcher sich an den Hügel anschließt, auf dessen
Höhen sich das um 1160 urkundlich vorkommende castrum Phetine er-
hob16". Seit der Herausgabe der Urkundenregesten des Stadtarchivs durch
ZINTGRAF im Jahre 1895/96 wußte man, daß man noch 1361 "Landsberg
im Dorfe"!" von Landsberg in der Stadt unterschied, ein Unterschied der
auch im 18. Jahrhundert noch bekannt war. Daß dieses "Landsberg im
Dorfe" nichts anderes war als das alte Phetine, das ZWERGER zum ersten
Male mit dem Lehensbesitz der Pfettner genau lokalisiert hatte, lag auf
der Hand, und die örtliche Gleichsetzung des heutigen Hofgraben- und
Bergstraßenviertels mit dem alten dörflichen Phetine fand in allen Dar-
stellungen der Landsberger Stadtgeschichte Eingang. Ohne sich mit den
gewichtigen Argumenten, die für die angeführte Lokalisierung von Phe-
tine sprechen, auseinanderzusetzen, hat A. ELSEN18 1935 die Ansicht ver-
treten, daß das alte Phetine als Ursiedlung im Umkreis der heutigen
Stadtpfarrkirche gelegen habe, die 1219 erstmals als "ecclesia Phetine"
bezeugt ist. ELSEN ging dabei von der nicht eigens ausgesprochenen An-
nahme aus, daß die Kirche immer zugleich auch im Mittelpunkt einer
dörflichen Ursiedlung gelegen hat, also sozusagen ein Indiz für die Lage
einer älteren Siedlung ist, die später abgegangen bzw. wie im Falle von
Landsberg in der Stadt aufgegangen ist!", Diese Vermutung mag wohl für
viele alte Kirchen gelten, aus den folgenden Gründen aber für Phetine
nicht. Falls überhaupt die Ursiedlung Phetine eine Kirche hatte, die am

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14 ZINTGRAF, Landsberg 2f. 
15 ZWERGER, Geschichte Landsberg 8 u. 14.
16 ZWERGER, Geschichte Landsberg 14.
17 ZINTGRAF, Urkunden 295; v. PFETTEN-ARNBACH, Pfetten 60f.
18 ELSEN, Altbayer. Stadt 487.
19 V gl. auch ELSEN, Deutsche Heimatkarte, Blatt Landsberg, Text S. 4.

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[78] Platz der heutigen Stadtpfarrkirche stand, so hat sicherlich die größere
Zahl der Anwesen nicht um die Kirche, sondern in "Landsberg im Dorf"
gelegen, das sich 1361 auf keinen Fall um die Pfarrkirche erstreckt hat,
sondern, wie oben gezeigt, mit Sicherheit identisch ist mit dem urkundlich
zum ersten l\Ial 1380 faßbaren Lehensbesitz der Pfettner'" und deswegen
in der Bergmulde zwischen Hofgraben und alter Bergstraße lag. Als wei-
teres, entscheidendes Gegenargument kann gegen Elsen angeführt wer-
den, daß für ein "Phetine" als dörfliche Siedlung im Tal keine dazuge-
hörige Flur auszumachen ist, da ja der Hauptbestandteil der Ursiedlung
Pfetten sicherlich nicht im Tale lag21• Schließlich ist die Lage des Grund-
besitzes derjenigen Adelsfamilie, die sich nach Pfetten, nach "Phetine"
nennt, ein Argument, das beweiskräftiger als alle übrigen Einwendungen
ist. Wohl um dieses Beweismittel noch einmal mit aller Klarheit heraus-
zuarbeiten, hat es H. KELLER22 1948 unternommen, mit I-Elfe des Häu-
ser- und Rustikal-Steuerkatasters der Stadt Landsberg vom Jahre 1808/09
die genaue Lage des Pfettenschen Lehensbesitzes in Landsberg zu ermit-
teln und ihn kartographisch darzustellen. Dabei ergab sich der nämliche
räumliche Bereich, den seinerzeit ZWERGER schon beschrieben hatte und
der im Verlauf der alten Bergstraße gegen die Stadt Landsberg mit dem
1806 abgebrochenen Pfettnertor abgegrenzt war. KELLER kam zum Er-
gebnis, daß die Angabe der Lage von Phetine bei Elsen "ganz willkürlich
ist"23. RIECKENBERG2\ der sich zuletzt (1964) ausführlich mit der Lage
von Phetine befaßt hat, bekräftigte das Ergebnis KELLERS und führte aus,
daß der Ort Phetine nur in der Senke zwischen dem heutigen Schloßberg
und dem l\Ialteserkomplex gelegen haben könne. Auf die geistreichen
Vermutungen, die RIECKE BERG über die Struktur der alten Siedlung
Phetine im 12. Jahrhundert gemacht hat, kann hier nur hingewiesen
werden 25).

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20 1380 vertauschte Ulrich der Pfettner sein Haus in der Veste zu Landsberg dem
bayer. Herzog, behielt jedoch seine anderen Güter zu Landsberg "daz sey Gerichtt,
Lehnschaft oder chastn, Aigen oder Lehen" (Allg. Staatsarchiv München, Kurb. Urk.
18850).
21 Eine beweiskräftige Analogie bildet dazu die Topographie der Stadt Wolfrats-
hausen, wo nur der älteste Siedlungskern Dorfen eine Flur, die Stadt selbst jedoch
ursprünglich keine besessen hat. Frdl. Mitteilung v. Dr. A. Sandberger.
22 KELLER, Stad tbaukunst 60 ff.
23 KELLER, Stadtbaukunst 61 Anm. 26.
24 RIECKENBERG, Landsberg-Phetine 472ff.
25 RIECKENBERG glaubt, daß Phetine nie ein Bauerndorf gewesen ist, sondern nur
aus einem Herrenhof bestanden hat, der auf dem Schloßberg lag. Die an der Berg-
straße angesiedelten Hörigen dieses Pfettenschen Herrenhofes haben nach Ansicht

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[79] II. Lage und Geschichte der Burgen Phetine - Landsberg


In der Literatur herrscht Übereinstimmung darüber, daß sich der Sitz
der Ministerialen, die sich im 12. Jahrhundert nach Pfetten nennen, auf
dem heutigen Schloßberg befunden hat. ZINTGRAF26 und ZWERGER27
haben seinerzeit die Ansicht geäußert, daß die Burg der Ministerialen von
Pfetten um 1160 erbaut worden ist, wie es die Quellenstelle "in construc-
tione castri Phetine" unter Beweis zu stellen scheint'". F. L. BAuMANN29
hat jedoch 1902 in seiner grundlegenden Abhandlung über die Geschichte
des Lechrains überzeugend dargelegt, daß der Neubau der Burg "Phetine"
um 1160 auf die Burganlage Herzog Heinrichs des Löwen zu beziehen ist,
die 1162 urkundlich erstmals als "castrum Landespurch" erwähnt wird.
Im ganzen 13. Jahrhundert fehlen Quellennachweise völlig. Erst 1310 ist
die Burg Landsberg wieder erwähnt, und zwar im Besitz der Wittels-
bacher, denen sie als Pflegschloß bis zu ihrem Verkauf an die Stadt
Landsberg 1799 diente". Das ebeneinander von herzoglicher Burg und
pfettenschen Sitz auf dem Schloßberg hat SCHOBER31 1918 und dann 1922
in seiner Studie über den Schloßberg zu Landsberg überzeugend vertreten,
und v. PFETTEN-ARNBAcH32 untermauerte diese Theorie nochmals mit
dem Hinweis auf die Urkunde von 1380, in der berichtet wird, daß Ulrich
der Pfettner den Herzögen Stephan und Johann "sein haus in der vestn zu
Lantzberg ... mit aller zugehorung, was in der vestn rinckmaur gelegen
ist" überließ. Daraus geht eindeutig hervor, daß bis 1380 der kleinere
Sitz der Pfettner innerhalb der größeren Burganlage Heinrichs des Löwen
gelegen hat'".

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RIECKENBERGS bereits ein Menschenalter vor Heinrich dem Löwen aus dem Handel
der dort vorbeiführenden Fernstraße Nutzen gezogen. In Landsberg sei deswegen die
"Vorstadt" bereits vor der "Stadt" da gewesen.
26 ZINTGRAF, Landsberg 2f.
27 ZWERGER, Geschichte Landsberg 8.
28 Regest Pfetten 5.
29 BAUMANN, Lechrain 16 ff. Diese Ansicht hatte bereits LANG zu Beginn des
19. Jhs. vertreten, vgl. HEIGEL-RIEZLER, Herzogtum 242.
30 Regest Landsberg Nr. 16; über den Abbruch siehe SCHOBER, Schloß 52.
31 SCHOBER, Pfarrei Landsberg 2 Anm. 2; Schloßberg 46f.
32 V. PFETTEN-ARNBACH, Pfetten z: Landsberg 65.
33 Vgl. Regest Landsberg 23. - Dieser richtige Sachverhalt wurde 1952 von
WEISSTHANNER in seiner Edition der Schäftlarner Traditionen und Urkunden wieder
in Zweifel gezogen (Nr. 164'). Er glaubte auf Grund des Itinerars Heinrichs des
Löwen als Zeitpunkt für den Bau der Burg Phetine nicht wie bisher ca. 1160, sondern

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[80] Das Ziel, das Heinrich der Löwe mit der Anlage einer größeren Burg
auf dem Schloßberg verfolgte, bestand, wie schon RIEZLER und BAU-
MANN34 erkannt haben, in der Sicherung der Lechbrücke des neu angeleg-
ten Salzhandelsweges'", der von Reichenhall über Wasserburg, München
und Landsberg in die oberschwäbischen Besitzungen der Welfen führte,
wo Memmingen der Haupthandelsplatz war. An der empfindlichsten
Stelle, am Lechübergang mußte der neue Weg durch eine Burg geschützt
werden, sollte im Zeitalter der Fehden ein stärkerer Handel nicht von
vornherein gefährdet werderr'". Der Burgbau zu Landsberg bildete, so ver-
mögen wir mit guten Gründen zu erkennen, ein Teilstück in dem großen
Plan Herzog Heinrichs des Löwen, sein bayerisches Herzogtum mit dem
fortschrittlichen Mittel der Belebung von Handel und Verkehr finanz-
bzw. zollpolitisch zu erschließen",
Eine Burg von der Größe Landsbergs konnte nur dann gebaut und un-
terhalten werden, wenn der Burgherr über eine größere Herrschaft über

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1171, wenn auch mit einem Fragezeichen versehen, ansetzen zu müssen. Da das
castrum Landsberg bereits 1162 erwähnt ist, so sei demnach mit dem neuen Zeit-
ansatz von 1171 eine Gleichsetzung des "castrum Phetine" mit der "Landespureh"
kaum zu vereinbaren. Als Gegenargument ist auf das Fragezeichen hinzuweisen, das
WEISSTHANNER selbst hinter die Jahreszahl 1171 in seiner Edition gesetzt hat. Als
gesicherte Datierung gibt er an, daß die Güterschenkung Herzog Heinrichs des
Löwen, die zur Zeit der Erbauung der Burg Phetine erfolgt ist, nicht vor dem 8. Juni
1162 und nicht nach 1176 (1173) erfolgt sein kann. Die Möglichkeit, daß sie noch
1162, also im gleichen Jahre, in dem zum ersten Male das "castrum Landespurch"
mit Anwesenheit Herzog Heinrich genannt wird, erfolgt ist, kann nicht ausgeschlos-
sen werden. Die weitere Geschichte der Burg Landsberg, die Urkunde von 1380 und
der Umstand, daß nur eine große Burganlage, wie sie Herzog Heinrich d. Löwe er-
richten lassen konnte, eine solche Beachtung hervorrufen konnte, daß sie für die
Zeitangabe einer Güterschenkung genannt wurde, sind gewichtige Gründe dafür, daß
wir es um 1160 nicht mit einem Burgneubau der kleinen Ministerialen von Pfetten,
sondern des mächtigen Herzog Heinrichs des Löwen zu tun haben.

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34 RIEZLER, Gesch. Baierns I b, 305; BAUMANN, Lechrain 16 ff.
35 Zur "Verkehrslage" Landsbergs siehe H. FEHN, Städte und Märkte 113ff., 166f.
- In der deutschen Heimatkarte, Blatt Landsberg, wird angenommen, daß die heu-
tige B 12 im Verlauf von München-Landsberg einen Teil dieses neu angelegten
'Weges gebildet habe. Es ist jedoch ausgeschlossen, daß damals schon die Ammersee-
senke am Nordufer mit einem Bohlenweg überbrückt wurde. Der ältere Weg führte
zweifellos durch das altbesiedelte Land über Fürstenfeldbruck dem Zuge der heutigen
Staatsstraße folgend über J esenwang, Moorenweis, Schwabhausen nach Kaufering
über den Lech, wie dies auch die Kauf(r)ingerstraße in München einwandfrei be-
zeugt.
36 SCHOBER (Landsberg 10 u. Schloßberg 46 f.) vermutet, daß ein älterer Lech-
übergang bei der alten Welfenburg Kaufering im Zuge eines älteren Straßenzuges
bestanden hat. Er soll durch Heinrich d. Löwen nach Landsberg verlegt worden sein.
37 BÄRMANN, Städtegründungen 55 ff.

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[81]scharwerkspflichtigen Bauern in ihrer Umgebung verfügte. Die Frage, wel-
ches der Herrschaftsbesitz Heinrichs des Löwen im Umland der Burg
Landsberg war, ist bis jetzt in der Literatur nicht gestellt worden, ver-
mutlich deshalb, weil man keine Anhaltspunkte hierfür in den Quellen
finden konnte. Wohl wußte man, daß Heinrich der Löwe der Vogt des
Klosters Wessobrunn war und er diese Vogtei seinem Hauptvasallen Hein-
rich von Stoffen weiterverlehnt hatte; letzteren setzte bereits RIEZLER
identisch mit einem gleichzeitig auftretenden Heinrich von Landsberg,
den man deswegen als herzoglichen Burgkommandanten ansprechen
kann'". Aber daß eine enge Beziehung zwischen der Burg Landsberg und
der Wes so brunn er Vogtei besteht, konnte deswegen nicht gesehen werden,
weil man keine Vorstellung über Umfang und Ausdehnung des Wesso-
brunn er Grundbesitzes und deshalb auch keine Kenntnis der zugehörigen
Vogtei hatte. Rekonstruiert man die Grundherrschaft des Klosters Wesso-
brunn im 12. Jahrhundert aus späteren Klosterurbaren, so kann man die
überraschende Feststellung machen, daß dieser nicht nur in der engeren
Umgebung Wessobrunns lag, sondern sich in seiner Ausdehnung über das
gesamte Gebiet des späteren Landgerichts Landsberg erstreckte und sich
in den in der Nähe Landsbergs gelegenen Orten Penzing und Hagenheim,
die im Spätmittelalter Sitze wessobrunnischer Klosterämter waren, kon-
zentrierte'". Von diesem Grundbesitz her gesehen war die neue Burg
Landsberg nichts anderes als die "Wessobrunner" Vogtburg Herzog Hein-
richs des Löwen, der damit das aus der Vogtei fließende wirtschaftliche
und herrschaftliche Potential - Abgaben und Scharwerksleistungen der
Bauern - für seine größeren Zielsetzungen sich nutzbar machte. Umge-
kehrt hatte jedoch die Burg auch der Pflicht des Herzogs zu dienen, als
Vogt den Wessobrunner Untertanen Schutz und Schirm in einer Zeit zu
gewähren, die noch keinen modernen Staat kannte".

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38 BAUMANN, Lechrain Z1f.
39 Siehe künftig FRIED-HIERETH, Historischer Atlas Landsberg-Schongau. Auf die
Verbindung mit Wessobrunn weist auch das Patrozinium der Burgkapelle St. Pet er
hin, der auch der Patron von Wessobrunn war (SCHOBER, Schloß 49).
40 Die territoriale Schutzfunktion der Burg kommt in ihrem Namen "Landes-
burg" zum Ausdruck; vgl. BAUMANN, Lechrain Z1 u. WALLNER, Altbaier. Siedlungs-
geschichte 11.

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IlI. Die Entstehung der ältesten Stadt Landsberg


1. Gründung durch Heinrich d. Löwen als "castrum Landespurch "?


[82]Am schwierigsten zu beantworten ist die Frage nach dem Ursprung der
ältesten Stadt Landsberg. Als "civitas" (Stadt) ist sie zum ersten Male erst
um 1290 urkundlich erwähnt". Für die Zeit vorher besitzen wir kein ein-
ziges Quellenzeugnis, das den städtischen Charakter der Siedlung Phetine
bzw. Landsberg unter Beweis stellen würde. Nach all dem, was über die
Entstehung und Lage der Landesburg ausgeführt worden ist, scheidet die
von der älteren Literatur" und zuletzt noch einmal von H. RIECKE -
llERG43 vertretene Ansicht aus, daß Heinrich der Löwe das "castrum Lan-
despurch" als befestigte städtische Siedlung im Tale angelegt habe. Auch
wenn im mittellateinischen Sprachgebrauch das Wort castrum nicht nur
Burg, sondern allgemein auch einen befestigten Ort bedeuten kann, so ist
es im Falle Landsberg eindeutig, daß castrum und "Landesburg" hier eine

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41 Regest Landsberg 12 u. 13.
42 ZINTGRAF, Landsberg 3 ff.; ZWERGER, Gesch. Landsberg 8; BAuMANN, Lech-
rain 24; RIEZLER, Gesch. Baierns I b, 367.
43 RIECKENBERG, Landsberg-Phetine 465 ff. - RIECKENBERG hat seine Theorie,
daß wir es um 1160 mit einem Neubau der Burg Pfetten auf dem Schloßberg durch
die Ministerialen v. Pfetten und einer gleichzeitigen Neuanlage einer befestigten
Stadt Landsberg im Tale zu tun haben u. a. durch die Urkunde von 1380 (Regest
L. 23) zu bekräftigen versucht, indem er sagt, daß erst damals die Burg auf dem
Schloßberg von den Pfetten an die Wittelsbacher überging. Im Original der Urkunde,
die eigens eingesehen wurde, heißt es jedoch nicht, wie RIECKENBERG vermutlich
aufgrund einer ungenauen Vorlage anführt, daß der Pfettner "sein Haus und die
Veste zu Landsberg ... ", sondern wie oben schon gesagt, "sein haus in der vestn
zu L." den Herzögen überläßt. Weiter spricht der Name "Landespureh" gegen die
Annahme, daß es sich dabei um eine Stadt gehandelt haben könnte. Die seit 1163/68
auftretende, inhaltlich gleichbedeutende Namensform "Landesperch"-Landsberg
stellt noch eindeutiger unter Beweis, daß sich die Burg nicht im Tale befunden haben
kann! Weitere Argumente, die RIECKENBERG für seine Theorie - gerade aufgrund
der historisch-stadttopographischen Erkenntnisse KELLERS - anführt: die auffällige
Lage der Stadtkirche abseits der Hauptverkehrsstraße - die auch in Lübeck, einer
Gründungsstadt Heinrichs des Löwen, anzutreffenden Häuserbreiten von 8-9 m - das
ursprünglich auf der Mitte des Marktplatzes stehende Rathaus, wie dies auch in den
Zähringer-Städten Freiburg im Breisgau und Villingen z: B. der Fall war (Heinrich
der Löwe war in erster Ehe mit einer Zähringerin verheiratet) - das Patrozinium der
Pfarrkirche St. Veit, der im 12. Jahrhundert der Stammespatron der Sachsen war -
sie vermögen jedoch auch alle zusammen keinen festeren Beweis abzugeben als jedes
einzelne Argument für sich: die Tatsache, daß Landsberg unter Heinrich dem Löwen
"castrum Landespurch" genannt wird, ist damit nicht umzustoßen.

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[83]Burganlage meinen, die sich auf dem Schloßberg befand, auf dem nach-
weislich seit dem 14. Jahrhundert das herzogliche Pflegschloß stand, das
das kleinere Schloß der Pfetten in seinen Mauerring aufgenommen hatte.
Hätte Heinrich der Löwe Landsberg als befestigten Markt oder gar als
Stadt gegründet, so wären dafür in den Quellen, wie dies z. B. bei Mem-
mingen der Fall ist, die Ausdrücke forum bzw. oppidum verwendet wer-
den44. Gegen eine primäre Markt- und Stadtgründung spricht auch die
denkbar ungünstige Lage der späteren Stadt "zwischen dem wilden Lech
und einer verkehrsfeindlichen Steilhöhe" ; es war also nur der Handel, vor
allem der mit Salz, der dort einen bevölkerten Ort und eine Stadt entstehen
Iieß ". J. BÄRMANN46 hat zuletzt in seiner Untersuchung der Städtegrün-
dungen Heinrichs des Löwen darauf hingewiesen, daß es diesem in erster
Linie auf die Beherrschung und Sicherung des Verkehrs ankam, um sich
in den Genuß der finanziellen Vorteile, die hier die Zölle boten, zu setzen;
die Ansiedlung von Kaufleuten, also die Gründung städtischer Marktsied-
lungen, war für ihn von zweitrangiger Bedeutung.
2. Entstehung und Lage einer präurbanen Händlersiedlung unter
Heinrich dem Löwen
In der Literatur wird nun vor allem seit F. L. BAUMANN47 die Theorie
vertreten, daß im Gefolge der Burganlage Heinrichs des Löwen bald auch
im Tale eine befestigte bzw. ummauerte Marktanlage entstanden sei, die
dann allerdings erst im 13. Jahrhundert (von Konradin) Stadtrechte er-
halten hat. Diese Ansicht kann in so weit nicht mehr akzeptiert werden,
als damit die planmäßige Anlage einer befestigten Marktsiedlung ver-
standen wird; diese erfolgte erst, wie wir gleich zeigen werden, im 13.
Jahrhundert. Richtig an dieser Theorie ist, daß sich im Zuge der Errich-
tung einer neuen Burg und einer neuen Brücke durch Heinrich den Löwen
noch im 12. Jahrhundert eine Siedlung präurbanen Charakters im Tale
entwickelt har'". Die handels- und zollpolitische Ausnützung des Salzver-
triebs mußte an einem für den Verkehr so wichtigen Brückenübergang,

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44 Vgl. neuestens P. BLICKLE, Historischer Atlas Memmingen (Historischer Atlas
von Bayern, Teil Schwaben 2) 1968.
45 BAuMANN, Lechrain 23.
46 BÄRMANN, Städtegründungen 57 mit Hinweis auf weitere Literatur.
47 BAuMANN, Lechrain 24.
48 Eine solche nimmt auch H. KELLER, Oberbayerische Stadtbaukunst 61, an, auf
dessen Untersuchungen wir uns wesentlich stützen.
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[84]wie ihn die Lechbrücke zu Landsberg bildete, zur Folge haben, daß an
günstiger Lage Salzstapel entstanden, in denen der Zoll eingenommen
und die wertvolle Handelsware von Händlern weitervertrieben wurde.
Der geeignetste Haltepunkt für die Salzwägen konnte nicht der steile Ab-
fall der alten Bergstraße sein, sondern ihr flacher Auslauf am Fuße des
Steilhanges, wo sich eine hochwassergeschützte, kegelförmige Hochufer-
terrasse zum Lech hin ausbuchtete. Hier, im Schutze der Burg und nicht
weit entfernt von der Brücke entstand wohl mehr oder weniger aus wilder
\Yurzel der erste Siedlungsvorläufer der späteren Stadt Landsberg. Daß
es sich dabei um keine planmäßige Anlage gehandelt haben kann, verrät
uns der Grundriß der späteren Stadt. Vor dem Burgen- und Brückenbau
Heinrichs des Löwen führte vermutlich von dem in der Bergmulde ge-
legenen Phetine dem heutigen Verlauf der alten Bergstraße folgend ein
Weg entlang der nördlichen Häuserflucht des heutigen Hauptplatzes -
oder auch der Schlosser- und Schulgasse - über eine Lechfurt hinüber
nach dem alten Spötting'". Von diesem Furtweg zweigte nach der Anlage
der Zollbrücke - der Vorläuferin der heutigen Karolinenbrücke - ein
neuer vVeg in diese Richtung ab, so daß sich am Fuße der alten Berg-
straße eine \Vegegabelung bildete. Es ist möglich, daß zu dieser Zeit schon
eine Abzweigung in Richtung Sandau'", das damals ja noch ein größerer
Ort war, vorhanden war. Im Bereich dieser Straßengabelung haben wir
den ältesten Kern der städtischen Siedlung Phetine-Landsberg - die Na-
men wechseln bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts noch - zu suchen!'. Hier

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49 Auf die alte Furt in Fortsetzung der Straße vom Bäckertor-Färbertor aus nach
Spötting hat S. RIEGER, Vor- und Frühgeschichte Landsberg 17ft hingewiesen;
SCHOBER, Landsbergs 23, führte aus, daß ursprünglich die alte Hauptstraße durch
diese Tore zur "unteren Brücke" führte. Die Sandauer Brücke wurde erst 1511 er-
baut (LORI, Lechrain 253).
50 Das nördlich von Landsberg gelegene Sandau hat H. KELLER in seiner Unter-
suchung nicht berücksichtigt.
51 Herrn Dipl.-Ing. Eberhard ZORN verdanke ich während der Drucklegung den
Hinweis, daß die älteste Händlersiedlung auch an der leicht zu verteidigenden Eng-
stelle unter der Burg mit Erweiterungsvorgelände, die Altstraße nach Spötting außer-
halb vorbeiziehen lassend, gelegen haben könnte. Für diese Theorie spricht - neben
der Entwicklung vergleichbarer Orts typen - die eigenartige Topographie des Klo-
sterl-Viertels, das durch seine unregelmäßige Bebauung aus der sonstigen planmäßi-
gen Anlage herausfällt. Sucht man die älteste Händlersiedlung im Bereich des Klö-
ster!s, so hätten wir es mit einer völligen Neuanlage der Stadt im 13. Jahrhundert zu
tun. Die alte Händlersiedlung am Klöster! müßte anschließend den Charakter einer
Vorstadt mit Seelhaus (Spital) und Kloster (Beguinenkloster) angeno=en haben.
SCIIOBER, Landsberg (2. Aufl.) 14, führt aus, daß die Gebäulichkeiten des Klösterls
ursprünglich am jetzigen Goggelgäßchen durch Mauer und Graben von der eigent-
lichen Stadt getrennt waren.
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[85]wurde auch vermutlich noch im 12. Jahrhundert eine Kirche gebaut, falls
nicht die alte Dorfkirche von Phetine hier anzunehmen ist. Die Kirche
Phetine ist für die erste Hälfte des 13 . Jahrhunderts die einzige urkund-
liche Quelle, die indirekt auf die Existenz einer größeren nichtagrarischen
Talsiedlung hinweist; das Interesse, das das Kloster Wessobrunn an ihrem
Besitz 1219 und 1246 hatte'", beweist, daß es sich nicht um die Kapelle
eines unbedeutenden Weilers, wie es das alte, dörfliche Phetine war, ge-
handelt haben kann, sondern um die Kirche eines größeren Gemeinwesens,
- das allerdings damals noch nicht befestigte Stadt war, sonst wäre dies
mit Bestimmtheit in den Urkunden von 1219 und 1246 vermerkt wer-
den53.


3. Topographische Rekonstruktion der ältesten ummauerten Stadt
aus dem 13. Jahrhundert


Wie haben wir uns, nachdem wir die Existenz einer präurbanen Sied-
lung Landsberg-Phetine seit der Zeit Heinrichs des Löwen annehmen
müssen, die weitere Stadtwerdung Landsbergs vorzustellen? Wir könnten
darüber kaum etwas aussagen, wenn sich nicht Spuren im Stadtgrundriß,
im Verlauf der Straßen bis zum heutigen Tage eingegraben und sich nicht
Überreste vom ältesten Mauerring bis heute sichtbar erhalten hätten. H.
KELLER54 hat als erster 194ts diese "Quellen" für die Landsberger Stadt-
geschichte untersucht und ausgewertet. Er kam dabei zum Ergebnis, daß
die Ausdehnung der ältesten Stadtanjage aus dem 13. Jahrhundert noch
ziemlich genau rekonstruierbar ist. Durch die Straßengabelungen der
älteren, präurbanen Talsiedlung wurden die Ecken eines Platzdreiecks be-
stimmt, der zur Keimzelle und zum Mittelpunkt der neuen Stadt werden
sollte. Der älteste Mauerring bestand, wie die Untersuchung des Bau-
materials ergab, aus in der ähe von Landsberg gebrochenen Nagelfluh-
quadern ; die lauer hatte vermutlich eine Höhe von ca. fünf Metern, wie
es noch an einem Überrest im Hof des Hauses Vordere Mühlgasse 190
sichtbar ist. Der Nagelfluhsockel des ältesten Mauerrings läßt sich an der
Westseite von der Vorderen Mühlgasse bis zur Salzgasse verfolgen; von
der nördlichen Mauer, die einst dem heutigen Straßenzug Vordere Mühl-

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52 Vgl. Regest Pfetten 13 u. 14.
53 Ob die um 1200 genannten Eberhard der Wolf und Ekkolf von Landsberg als
Kaufleute der Talsiedlung oder, was wahrscheinlicher ist, als Burgmannen anzu-
sehen sind, ist schwer zu entscheiden (Regest L. 5 u. 9).
54 H. KELLER, Oberbayerische Stadtbaukunst 65 ff.

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[86]gasse-Schulgasse entlang lief, ist nur noch eine Hälfte erhalten, die sich
von der Vorderen Mühlgasse bis zur Ecke Ludwigstraße hinzieht. Von der
Ostseite der ältesten Stadtmauer vom Holzmarkt bis zum Schmalzturm
hat sich ein Teil in der "engen Reihe", einem nur 1 Meter breiten Gäß-
chen, erhalten, das vom Schmalzturm aus in nördlicher Richtung der
Rückseite der Häuserfront des westlichen Straßenzugs der Schlossergasse
entlang läuft. Der Schmalzturm selbst bildet das einzige noch erhaltene
Tor dieser ältesten Stadtummauerung. Vom Schmalzturm aus in südlicher
Richtung bestand wohl keine Mauer, da hier der Burgberg, an den sich
die Stadt anlehnte, den nötigen Schutz gewährte. Im Gegensatz zur West-,
Nord- und Ostseite läßt sich die Südgrenze der ältesten Stadt nicht mehr
ausfindig machen, da hier die spätere Bebauung die Spuren gänzlich ver-
wischt hat. H. KELLER vermutet, daß sie etwas südlich der Salzgasse ver-
lief, also die Lechbrücke außerhalb des Stadtberings beließ, was nicht un-
gewöhnlich für die damalige Zeit war, wie es das Beispiel von Mühldorf,
Reichenhall oder München zeigt. Allerdings ist mit großer Wahrschein-
lichkeit anzunehmen, daß bald nach der ältesten Stadtanlage eine Erwei-
terung nach Süden und eine Einbeziehung der Brücke in den Mauerring
erfolgte, so daß nun die südliche Stadtmauer etwa in einer Linie mit der
südlichen Burgmauer verlief. Zusammenfassend kann festgestellt werden,
daß die älteste Stadt eine planmäßige längsrechteckige Anlage von etwa
300 m Länge und etwa 160 m Breite bildete, die in ihrer Längsachse
durch einen nördlich-südlich verlaufenden Straßenzug aufgeschlossen
war. Ihr Mittelpunkt bildete der durch die Straßengabelung gebildete
Marktplatz, auf dessen Mitte von Anfang an das Rathaus, das wohl zu-
gleich auch Ballenhaus war, stand. Die Kirche lag wie bei den meisten
anderen bayerischen Städten, deren Gründung auf das 13. Jahrhundert
zurückgeht, nicht im Zentrum der Stadt, sondern in einem Winkel an der
Stadtmauer, vom Friedhof umgeben.


4. Zeitpunkt der planmäßigen Stadtanlage; Stadtgründung und
Stadtrechtsverleihung


Für den Historiker ist das Ergebnis der historisch-topographischen Un-
tersuchung des Stadtgrundrisses, daß es sich bei der Stadt Landsberg des
13. Jahrhunderts um eine planmäßige Stadtanlage handelt, von größter
Bedeutung. Es besteht nämlich deswegen die Möglichkeit, daß die plan-
mäßige Anlage der Stadt und die Verleihung des Stadtrechts durch den

[87]Stadtherrn zeitlich etwa gleichzeitig erfolgt sein können'". Man darf also
im Falle Landsberg nach einem gemeinsamen Zeitpunkt hierfür suchen.
So eindeutig es ist, daß die älteste Stadt vor 1300 gebaut worden ist, so
schwierig ist es auf der anderen Seite, einen annähernd genauen Zeit-
punkt hierfür anzugeben. H. KELLER nimmt aufgrund seiner Unter-
suchung an, daß die von ihm ermittelte älteste Stadt um 1220 angelegt
worden ist. Allerdings sind die urkundlichen Belege, die KELLER hierfür
herangezogen hat, in einem Falle nicht Iehlerfrei'". Auch wenn es ziem-
lich sicher ist, daß die um 1219 urkundlich erwähnte Kirche Phetine das
Gotteshaus der neuen Talsiedlung war'", so ist damit noch wenig über
eine zu diesem Zeitpunkt erfolgte Stadtanlage ausgesagt; das gleiche gilt
für die Erwähnung der Kirche im Jahre 1246. Gerade die Tatsache, daß
in diesen Urkunden noch nicht von einer Kirche in der Stadt Phetine die
Rede ist, mag ein Beweis dafür sein, daß die von KELLER ermittelte älte-
ste Stadtummauerung noch nicht stattgefunden hatte'".
Bei der Fixierung eines Zeitpunktes für die Errichtung einer plan-
mäßigen Stadtanlage haben wir also von der Tatsache auszugehen, daß
diese erst nach 1246, also nach der Mitte des 13. Jahrhunderts erfolgt sein
kann. Damit gelangen wir in eine Zeit, die seinerzeit F. L. BAuMANN für
die Stadterhebung Landsb~ durch Stadtrechtsverleihung wahrschein-
lich machen wollte: die Jahre zwischen 1246 und ca. 1270. Indirekt würde
sich durch diesen Zeitansatz auch bestätigen, daß Stadtgründung (im
Sinne der Schaffung eines eigenen städtischen Gerichts- und Rechtsbezir-

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55 Für das benachbarte Dießen ist urkundlich nachzuweisen, daß Befestigung und
Stadtrechtsverleihung gleichzeitig stattfanden. Vgl. W. SCHLÖGL, Die Traditionen und
Urkunden des Stiftes Dießen 1114-1362 (Quellen und Erörterungen z. bayer. Ge-
schichte Bd. 22/1) München 1967 Nr. 140; siehe auch P. FRlED, Siedlungs- und Herr-
schaftsgeschichte von Dießen (Heimatbuch Stadt- und Landkreis Landsberg) 1966,
416 ff. V gl. auch SCHRADER, Das Befestigungsrecht in Deutschland von den Anfängen
bis zu Beginn des 14. Jahrhunderts, Diss. Göttingen, 1909,43.
56 Die von KELLER, Oberbayerische Stadtbaukunst 60, erwähnte Urkunde vom 20.
Mai 1217, auf die er die Existenz einer befestigten Stadt stützt, gibt es nicht, d. h. sie
ist identisch mit der Urkunde von 1219, in der eine ecclesia Phetine genannt wird, die
KELLER als Kirche der Altsiedlung Phetine ansieht. Das Datum 1217, das in der Ba-
varia, Landes- und Volkskunde Bayerns T, 879 (1860) angegeben ist und auf das sich
KELLER bezog, beruht offensichtlich auf einem Druckfehler.
57 So auch RIECKENBERG 473 H. An der Stelle der jetzigen Stadtpfarrkirche standen
einst vermutlich zwei Kirchen, eine aus dem 13. Jh. stammende romanische St. Veits-
kirche und eine wohl im 14. Jahrhundert dazugebaute größere Marienkirche. Vgl.
SCHOßER, Landsberg 218; ZINTGRAF, Regesten S. 301 v. J. 1380 J an. 26.
58 BAuMANN, Lechrain 25, war deswegen auch der Ansicht, daß Landsberg vor
1246 noch nicht Stadtrechte hatte, siehe unten.

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[88] kes zusammenfallen. Bevor wir jedoch den Baumann'schen Zeitansatz
übernehmen, haben wir zu prüfen, inwieweit dessen Theorie'" über die
Entstehung der Stadt Landsberg noch haltbar ist, vor allem, was die Stadt-
rechtsverleihung durch den letzten Staufer Konradin betrifft.


5. Die Theorie Baumanns von der Stadtrechtsverleihung durch
Konradin und ihre Kritik


BAUMANN hat zunächst mit scharfsinnigen besitzgeschichtlich-genea-
logischen Konstruktionen versucht, für die Zeit nach Heinrich den Löwen
die Herren von Phetine-Landsberg ausfindig zu machen. Seiner Ansicht
nach erhielt Heinrich der Löwe sein Erbgut nach der Aussöhnung mit dem
Kaiser nie wieder zurück, also auch nicht die Burg und die Kaufleutesied-
lung Landsberg. Erbe seiner Allodien auch in Bayern und Schwaben sei
deswegen sein Sohn Otto, der nachmalige König gewesen. BAuMANN gibt
allerdings zu, daß während der Fehden zwischen den beiden Gegenköni-
gen Otto IV. und Philipp von Staufen 1198-1208 das welfische Eigengut
in Bayern und Schwaben den Welfen entfremdet war. Dies habe sich
jedoch geändert, als der Welfe Otto IV. nach der Ermordung seines Geg-
ners Philipp 1208 auch in Süddeutschland sich allgemein als König durch-
setzen konnte und Anerkennung fand. Beweis dafür ist nach BAuMANN
die Urkunde von 1208, wonach König Otto IV. den Hof Mering mit allen
Zugehörigen für die große Summe von 200 Mark an den Bayernherzog
Ludwig 1. abtrat. Die Abtretung sei aber nicht durchgeführt worden, da
in den zwanziger Jahren des 13. Jahrhunderts ein königlich-staufischer
Propst zu Mering mehrmals in den Urkunden als Verwalter des Gutes
Mering erscheine. Das nach Meinung BAuMANNS "zu diesem Gute ge-
hörige Landsberg" , das sich wegen der Schenkung der Kirche Phetine vor
1219 durch Herzog Otto H. von Bayern in wittelsbachischem Besitz be-
fand, sei deswegen auch nicht durch die Vereinbarung von 1208, sondern
auf dem Erbgang als Mitgift der Enkelin Heinrichs des Löwen, der Pfalz-
grafentochter Agnes bei ihrer Verlobung mit Herzog Otto H. von Bayern
1214 (zusammen mit der Pfalz) an das Haus Wittelsbach gelangt. Der
welfische Teil des Hofes Mering mit dem dazugehörigen Landsberg wurde
nach BAuMANN 1246 aber noch einmal dem wittelsbachischen Herzog-
tum entfremdet, als er von Herzog Otto 11. von Bayern seiner Tochter Eli-
sabeth als Mitgift bei ihrer Verehelichung mit dem Staufer Konrad IV.

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59 BAUMANN, Lechrain 16-26,42-50,86 f. 

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[89]übergeben wurde, der ihr damals seinen väterlichen Erbteil von Mering
als Morgengabe überwies. In der nun folgenden "staufischen" Zeit hat
Landsberg, wie BAuMANN glaubt, zum ersten Male Stadtrechte erhalten,
und zwar durch den letzten Staufer Konradin. Angeregt durch die urkund-
lich nachzuweisende Beteiligung Konradins bei der Gründung der Stadt
Friedberg 1264 und bestärkt durch die Tatsache, daß beide Städte in
ihrem Wappen "das Kreuz ihres jugendlichen Herrschers Konradin" als
König von Jerusalem haben, vertrat BAuMANN seinerzeit mit großer Be-
stimmtheit die Meinung, daß es noch unter Konradin eine staufisehe
Städtepolitik am Lechrain gegeben hat. Mit dem tragischen Ende Kon-
radins zu Neapel im Jahr 1268 fand diese allerdings ihr Ende; der ganze
staufisehe Lechrain, damit also auch Landsberg, wurde durch die sog. Kon-
radinische Erbschaft wittelsbachisch.
Die BAuMANN'scHE Theorie, die wir kurz vorgetragen haben, hat bis
jetzt noch, zumindest was die Stadtgeschichte Landsbergs betrifft, keine
entscheidende Kritik erfahren. Zwar hat SCHOBER60 schon 1918 darauf
hingewiesen, daß das älteste Landsberger Stadtwappen mit seinem pyra-
midenförmigen Schollenberg ein "redendes" Wappen war, das den Burg-
berg versinnbildlicht und deswegen keine Beziehungen zum Wappen Kon-
radins aufweist; die Konsequenzen für die Frage derStadtwerdung Lands-
bergs wurden daraus jedoch nicht gezogen. Zuletzt hat S. HIERETH61 den
welfisch-wittelsbachischen Erbgang über die Pfalzgrafentochter Agnes
1214 bzw. 1218 für den Besitz Heinrichs des Löwen am Lechrain in Zwei-
fel gezogen und ausgeführt, daß Heinrich der Löwe sein ihm durch die
Acht 1180 in Bayern abgesprochenes Gut nie wieder zurückerhalten hat.
Aufgrund unserer Studien hat sich die Zahl und das Gewicht der Ein-
wände gegen die Theorie BAuMANNs nicht verringert, sondern eher ver-
mehrt. Richtig daran dürfte zweifellos sein, daß um 1219 und 1246 eine
Besitzveränderung bei Landsberg-Phetine vor sich gegangen ist, die wohl
das Motiv für das Bestreben des Klosters Wessobrunn war, sich den festen
Besitz der Kirche Phetine bestätigen zu lassen. Wenn wir mit BAuMANN
annehmen, daß vor 1219, vermutlich 1214, Phetine-Landsberg wittels-
bachisch und 1246 staufisch geworden ist, so besteht eine große Verlegen-
heit darin, daß wir nicht erklären können, daß der Ort weder im ersten
wittelsbachischen Herzogurbar aus der Zeit um 1230 noch in den Urkun-

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60 SCHOBER, Pfarrei 1 ff. 
61 S. HIERETH, Geschichte der Gerichts- und Verwaltungsorganisation im Raume
Landsberg (Heimatbuch des Stadt- und Landkreises Landsberg) 1966, 106.

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[90]den über die Konradinische Erbschaft aus der Zeit zwischen 1266 und
1269 genannt ist. BAUMANN62 suchte dies seinerzeit mit der Hypothese zu
erklären, Phetine-Landsberg sei ein Teil des Gutes Mering und des dazu-
gehörigen Bezirkes, des "Heibisch" gewesen und deswegen nicht eigens in
der Konradinischen Erbschaft aufgeführt worden. Das Fehlen des Gutes
Mering im ersten Herzogsurbar aus der Zeit um 1230 erklärt er damit,
daß dieses damals vom jungen Herzog Otto H. verwaltet wurde und des-
wegen kein Grund bestand, es in das Besitzverzeichnis seines regierenden
Vaters aufzunehmen'". Will man diesen Erklärungsversuchen zustimmen,
so wäre man zur Annahme gezwungen, daß Landsberg-Phetine damals
ein kleiner und unbedeutender Ort gewesen sein muß; eine Burg und eine
Stadt von der Größe Landsbergs wären mit Sicherheit namentlich aufge-
führt worden. Und auch wenn man vermutet, daß Landsberg-Phetine
damals ein so unbedeutender Ort war, daß er unter dem "Heibiseh" Me-
ring nicht eigens genannt wurde, so ist dies auch noch kein sicherer Be-
weis für seine Zugehörigkeit zu Mering. Da wir demgegenüber berech-
tigt annehmen müssen, daß das im 14. Jahrhundert greifbare wittels-
bachische Gericht Mering den Bezirk des alten Königsgutes bildet, - zu
dem Landsberg nicht gehört! - ist viel eher anzunehmen, daß Landsberg-
Phetine im 13. Jahrhundert nicht ein Teil des Amtes Mering war'", In-
dem so die Hypothese von der Zugehörigkeit Landsberg-Phetines zu Me-
ring in Frage gestellt wird, ist auch ein wichtiger Eckstein aus dem Be-
weisgefüge BAUMANNS herausgebrochen, daß Landsberg eine Gründung
des letzten Staufers Konradin gewesen sein könnte. Allgemeine Erwä-
gungen sprechen schließlich gegen BAUMAN TS Ansicht, daß wir es unter
dem unmündigen Konradin noch mit einer späten "staufischen Städte-
politik" zu tun haben'".
Für BAUMANN war die Untersuchung der Geschichte des Lechrains
und der Stadt Landsberg allerdings nicht Hauptzweck gewesen; dieser
galt vor allem der Gründungsgeschichte der Stadt München, deren Stadt-
erhebung durch den welfischen König Otto IV., den Sohn Heinrichs des

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62 BAUMANN, Lechrain 46ff.
63 BAUMANN, Lechrain 86.
64 S. HIERETH, Die Landgerichte Friedherg und Mering (Historischer Atlas von
Bayern, Teil Schwaben 1) 1952, 5.
65 Von einer planmäßigen staufischen Städtepolitik kann unter Konradin zumin-
dest am Lechrain nicht mehr gesprochen werden; vgl. K. WELLER, Staufische Städte-
gründungen im 13 .. Tb. (Vierteljahreshefte für württembergische Landesgeschichte
36) 1930, 144-268; H. STOOB, Formen und Wandel staufischen Verhaltens zum Städte-
wesen (Festschrift H. AUBIN Bd. 2) Wiesbaden 1965, 423-451.

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[91]Löwen 1209 und deren Übergang an die Wittelsbacher 1214/18 er vor
allem mit der Geschichte des Lechrains und des Gutes Mering zu bewei-
sen versuchte. Wenngleich es der Lechrain und die Orte Mering, Fried-
berg und Landsberg diesem Umstand verdanken, daß ihre Geschichte von
einer höheren Warte aus untersucht und in größeren Zusammenhängen
dargestellt worden ist, so ist zumindest für Landsberg zu sagen, daß das
Ergebnis BAUMANNs einer kritischen Überprüfung nicht standhält. Wir
haben demgegenüber aufgrund unserer Studien die Auffassung gewon-
nen, daß Landsberg eine wittelsbachische Gründung Herzog Ludwigs 11.
von Bayern war. Ein schlüssiger Beweis ist allerdings auch hierfür nicht
zu führen, aber die Argumente, die für diese Theorie sprechen und im
folgenden dargeboten werden, scheinen uns von größerer Beweiskraft zu
sein als diejenigen, die für eine staufisehe Gründung und Stadterhebung
sprechen. Wir beginnen mit der Erörterung der Frage, welches das
Schicksal Landsbergs nach dem Sturz Heinrichs des Löwen war.
6. Stadtgründung und erste Stadtrechtsverleihung 1260-1280 durch
Herzog Ludwig d. Strengen v. Bayern
Schon BAUMANN66 hat auf die Rolle hingewiesen, die die edelfreien
Herren von Stoffen als Burgkommandanten Herzog Heinrichs des Löwen
zu Landsberg und als dessen Untervögte für das Kloster Wessobrunn ge-
spielt haben. Er hat jedoch die Geschichte dieses Geschlechtes über die Zeit
Heinrichs des Löwen hinaus nicht mehr verfolgt, weswegen ihm wert-
volle Hinweise über die Geschichte der Burg Landsberg verborgen blie-
ben. Die edelfreien Herren von Stoffen-Landsberg nennen sich noch nach
dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180 nach Landsberg, sie müssen also
noch weiter auf der Burg gesessen sein'", Als der wohl bedeutendste Ange-
hörige dieses Geschlechtes Heinrich von Stoffen-Landsberg 1192 zu Grabe
getragen wurde, waren Herzog Ludwig H. von Bayern, die Bischöfe von
Augsburg und Chur sowie der Abt von Wessobrunn anwesend - ein Be-
weis für die hohe Stellung des Toten'". Für die weitere Besitzgeschichte
der Burg Landsberg findet sich in der Aufzeichnung des Abtes Hermann
von Niederaltaich (ca. 1200-1275) ein bedeutsamer Eintrag. Abt Her-
mann führt nämlich unter der Liste der Personen und der Geschlechter,
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66 BAUMANN, Lechrain 21 f.
67 Regest L. 5 u. 8.
68 MB 7, 368; vgl. die zahlreichen Nennungen Heinrichs v. Stoffen-Landsberg in den von K. JORDAN herausgegebenen Urkunden Heinrichs des Löwen.

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[92] deren Besitz an Herzog Ludwig H. von Bayern gekommen ist, auch einen
"Heinricus liber de Lantsperch apud Lech flumen" an69• Daß dieser Hein-
rich identisch ist mit dem gleichnamigen Heinrich von Stoffen, der Haupt-
vasall Heinrichs des Löwen und dessen Untervogt für Wessobrunn war,
steht außer Zweifel. Der Name Heinrichs von Landsberg wäre sicher in
der Liste nicht genannt worden, wenn sein Besitz nur unbedeutend ge-
wesen wäre; neben einem bedeutenden Eigenbesitz bestand dieser sehr
wahrscheinlich aus der Wessobrunner Klostervogtei und wohl auch aus
der Burg Landsberg. Wir können deshalb begründet annehmen, daß bald
nach dem Tod Heinrichs von Stoffen-Landsberg die Wessobrunner Vog-
tei samt der Burg Landsberg, die dieser wohl zu Lehen innehatte, an den
bayerischen Herzog gekommen sind.
Auffällig ist, daß nach 1200 für mehr als 60 Jahre der Name "Lands-
berg" vöUig aus den Urkunden verscnwrndet uncf srarroessen zner- zwei-
mal von der Kirche Phetine 1219 und 1246 die Rede ist. Dies mag in einer
lückenhaften Überlieferung seine Ursache haben, aber man kann auch als
Erklärung anführen, daß nach 1200 die Burg Landsberg keine bedeu-
tende Rolle mehr gespielt hat, ja vielleicht sogar aufgrund einer Verein-
barung mit den Staufen, die seit 1191 den ganzen Lechrain innehatten,
sogar als befestigter Ort aufgelassen wurde, so daß nur mehr der Sitz der
Pfetten wie vor der Burganlage Heinrichs des Löwen auf dem Schloßberg
stand. Eine Befestigung des Schloßberges mag dann erst wieder erfolgt
sein, als durch den Anfall des andechsischen Besitzes 1248 und durch die
wittelsbachische Vormundschaft über den letzten Staufer Konrad nach
dem Tod König Konrads IV. 1254 die Erwerbung des ganzen Lechrains
und darüber hinaus eines größeren Teiles des schwäbischen Herrschafts-
besitzes der Staufer für die Wittelsbacher sich als reale Möglichkeit ab-
zeichnete. Dem Burgplatz mußte deswegen nach der Mitte des 13. Jahr-
hunderts wieder die gleiche strategische und verkehrspolitische Bedeu-
tung zufallen, die ihm bereits unter Heinrich dem Löwen bis zu einem be-
stimmten Grade geeignet batte: Befestigter Grenz- und Handelsstütz-
punkt des Herzogtums am Lech zu sein. Es mußte sich dabei als sehr gro-
ßer Nachteil herausstellen, daß 1246 der Boden von Landsberg-Phetine
als Mitgift der Wittelsbacherin Elisabeth an ihren Gemahl König Kon-

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69 Regest L. 7. Der von uns angenommene Besitzübergang aufgrund der Nachricht Hermann v. Niederaltaichs bietet zumindest eine bessere Erklärung für den übergang von Phetine-Landsberg an Herzog Ludwig I. von Bayern als der von BAUMANN konstruierte Erbgang über die Pfalzgrafen bei Rhein.

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[93] rad IV., also an die Staufer gekommen ist. Wie sehr die Wittelsbacher be-
müht waren, diese Mitgift wieder in ihre Hand zu bekommen, stellt die
Tatsache unter Beweis, daß Herzog Ludwig nach dem Tode Konrads IV.
1254 das verpfändete Wittum seiner königlichen Schwester Elisabeth, das
vor allem aus Orten am Lechrain bestand, auslöste, um sich darauf Erb-
ansprüche zu sichern?". Bisher hat man geglaubt, daß zu diesen Orten
auch Landsberg gehörte. Der Umstand, daß Landsberg jedoch im Kon-
radinischen Erbe nicht erscheint, läßt dies unwahrscheinlich erscheinen.
Zwei Quellenstellen, die bisher nicht beachtet worden sind, scheinen unter
Beweis zu stellen, daß damals die Burg Landsberg ihre eigenen Wege ge-
gangen ist. Im Lehenbuch des Stiftes Kempten vom Jahre 1451 sind
"Landsberg daz schloß und die statt" an erster Stelle als Lehen des Gottes-
hauses Kempten angeführt.". Als Lehensträger kommt nur der Herzog
von Bayern in Frage, der auch das Erztruchsessenamt des Stiftes vom Klo-
ster Kempten zu Lehen trug?", Der Umstand, daß Landsberg im 15. Jahr-
hundert als selbständiges Lehensobjekt auftritt, bietet uns eine erste Er-
klärung dafür, daß der Ort in den konradinischen Schenkungsurkunden
nicht genannt wird. Wenn wir nach Herrschern suchen, die in besonders
enger Beziehung zum Stift Kempten standen, so stoßen wir im Hochmit-
telalter auf die Welfen73 und Staufer, insbesonders aber auf Konradin.
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70 K. RAMPE, Geschichte Konrads von Hohenstaufen, 3. Aufl. Leipzig 1942, S. 38,
103,105.
71 A. WEITNAUER (Hrsg.), Das Lehenbuch des fürstlichen Stiftes Kempten von
1451 (Allgäuer Heimatbücher, 8. Bändchen) 1938, 1. - Da Landsberg weder vorher
noch nachher jemals wieder als kemptisches Lehen genannt wird, ist man geneigt, an
der Richtigkeit dieses Eintrags zu zweifeln. Allerdings kann nicht gesagt werden,
daß der damalige Fürstabt, der das Lehenbuch von 1451 im Bestreben, möglichst
viele der alten kemptischen Lehen aufzuzeichnen, eine derartige Angabe gemacht
hätte, wenn nicht irgendwelche Anhaltspunkte für die Lehenseigenschaft Landsbergs
vom Stifte Kempten bestanden hätten. Sicherlich wird man sagen müssen, daß diese
im 15. Jahrhundert schon völlig in Vergessenheit geraten war, so daß eine eigene Be-
lehnung des bayerischen Herzogs mit der Burg und der Stadt Landsberg nicht mehr
stattfand. Dazu mag vielleicht auch beigetragen haben, daß das Lehenobjekt u. U.
als Teil des kemptischen Truchsessenamts aufgefaßt wurde, das der bayer. Herzog
gleichfalls vom Stift Kempten zu Lehen trug. - Herrn Dr. Blickle danke ich für die
freundliche Auskunft, daß er bei der Bearbeitung des Historischen Atlasses Kempten
keine früheren Belege für eine kemptische Lehenseigenschaft Landsbergs ermitteln
konnte.
72 F. L. BAUMANN, Geschichte des Allgäus Bd. II, 483; ROTIENKOLBER, Geschichte
des hochfürstlichen Stifts Kempten 69; M. RÖDER, Schwäbisches Lexikon, Ulm 1791,
Sp. 909. Für diese Angabe bin ich Herrn Schulrat a. D. H. Zirkel zu Dank verpflichtet.
73 Vgl. F. L. BWMANN, (wie Anm. 72) Bd. I (1883) 408 u. 432. Welf VI. wird
ausdrücklich als Vogt des Klosters Kempten genannt, ebenso Friedrich II. Welf VI.
gab 1179 sein Allod Ammergau an das Stift Kempten.

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[94]Wenngleich unter den großen Prälaten des schwäbischen Herzogtums in
der Umgebung des letzten Staufersprosses sein Vormund in den schwäbi-
schen Angelegenheiten, der Bischof Eberhard Ir. von Konstanz, und der
Abt von St. Gallen, den ersten Platz einnahmen, so finden wir aber auch
den Abt von Kempten in diesem Kreise. Auf dem Hoftag von Konstanz
1262 überläßt ihm der zehnjährige Konradin gegen eine jährliche Ab-
gabe von fünfzig Mark die Vogtei über das Kloster?". Die Vermutung, daß
Konradin auch Landsberg, das nach der Urkunde von 1246 im Besitze sei-
nes Vaters gewesen ist, aus irgendeinem Grunde, den wir nicht kennen,
dem Klosler Kempten gegeben hat, ist deswegen nicht ganz von der Hand
zu weisen. Dabei scheint sicherlich die Politik seines Oheims und Haupt-
vormunds Herzog Ludwig II.75 von Bayern, den Lechrain unter seine
Herrschaft zu bringen, eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Nach dem
Tode König Konrads IV. hatte er, wie schon erwähnt, das verpfändete
Wittum von dessen Gemahlin Elisabeth ausgelöst und in seinen Besitz
gebracht, was ihm Eigentumsansprüche darauf sicherte. Vielleicht hat er
den jungen Konradin dazu bewogen, Landsberg dem Kloster Kempten zu
schenken, um es auf dem Umweg des Lehens dann in seinen Besitz zu
bringen - auf eine Art und Weise, gegen die der Bischof von Augsburg,
der in der Burg Landsberg ja eine Bedrohung seiner linkslechischen Be-
sitzungen sehen mußte, wohl nichts unternehmen konnte?".
Die Frage ist, wann die Schenkung Landsbergs an das Stift Kemplen
und die Belehnung des Bayernherzogs stattgefunden hat. Hier hilft uns
vielleicht eine zweite Urkundenstelle weiter, die bisher nicht herange-
zogen worden ist. Bereits 1261, also sieben Jahre vor dem Eintritt der
konradinischen Erbschaft ist ein wittelsbachischer Richter "in Lansperch"
bez eugt?"! Daraus kann man den Schluß ziehen, daß der Ort damals in
wittelsbachischen Besitz gewesen sein muß und daß es sich nicht nur um
eine Burg gehandelt hat; wäre letzteres der Fall gewesen, so hätte man
von einem Richter "von Landsberg" in der Urkunde gesprochen. Falls
Konradin Landsberg tatsächlich an Kempten gegeben hat und dieses wie-
derum den bayerischen Herzog damit belehnt hat, so müßte dies also vor
1261 geschehen sein.
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74 RAMPE (wie Anm. 70) 36.
75 über Herzog Ludwig H. siehe G. DIEPOLDER, Herzog Ludwig "der Strenge"
(Unbekanntes Bayern Bd. 3) 19,31-39.
76 Auf analoge Fälle der Lehensauftragung als Mittel der Territorialpolitik weist auch B. FLEISCHER, Das Verhältnis der oberbayerischen Stifte zur entstehenden Lan-it (Diss. Berlin 1934 S. 151) hin.
77 Regest L. 10.


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7. Zusammenfassung

[95]Es spricht sehr viel dafür, daß es Herzog Ludwig II. von Bayern - und
nicht sein unmündiger Neffe Konradin war, der nach der Erwerbung des
Bodens von Phetine-Landsberg die Burg Landsberg von neuem befestigt
und sie zum Sitz eines Richters, eines wittelsbachischen Landgerichts ge-
macht hat. Gleichzeitig oder auch später dürfte er auch den Anstoß zur
planmäßigen Anlage der befestigten Stadt Landsberg, wie wir sie oben
aus der Untersuchung des Stadtgrundrisses und der Überreste der ältesten
Ummauerung kennengelernt haben, gegeben haben, die dann Stadtrechte
erhielt, d.h. zu einem eigenen Gerichtsbezirk mit eigenem Recht gemacht
wurde. vVir dürfen in gewissem Sinne deswegen geradezu von einem wit-
telsbachischen Neubeginn nach der Mitte des 13. Jahrhunderts in Lands-
berg sprechen, ein Neuanfang, der auch nicht zuletzt darin zum Ausdruck
kommt, daß nun der Name des alten Phetine mit einem Schlag aus den
Quellen verschwindet und sogar für das alte Pfettendorf an der Berglehne
außer Gebrauch kommt. Sicherlich war die Erinnerung an die alte Lan-
desburg Heinrichs des Löwen bei der Neugründung Landsbergs durch den
Wittelsbacher noch lebendig; dies zeigt der Fortbestand des Namens
Landsberg. Entscheidend für den neuen Aufschwung Landsbergs war
jedoch die Funktion, die dem Ort wegen seiner strategischen und ver-
kehrsgünstigen Lage in der wittelsbachischen Territorialpolitik seit der
zweiten Hälfte des 13. J ahrhunderts zugefallen ist: Landsberg wurde zum
wichtigsten MiIitär- und Handelsstützpunkt an der Westgrenze des Ter-
ritorialherzogtums, das hier seit 1268 in Auseinandersetzung und in Kon-
kurrenz mit dem Hochstift Augsburg in der Aneignung der Konradini-
sehen Erbschaft stand. Seiner strategischen Grenzlage und seiner Funk-
tion als wittelsbachische Konkurrenzstadt zu Augsburg verdankte Lands-
berg seit 1268 seinen Aufschwung, der im Grunde die Stadt durch alle
folgenden Jahrhunderte bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts getragen
hat?". Das genaue Jahr der Stadtanlage und der Stadtrechtsverleihung

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78 Der Abstieg Landsbergs in die Klasse der gewöhnlichen bayerischen Landstädte
setzte auch prompt ein, als mit der Verlegung der Landesgrenze vom Lech zur lller
und dem Anfall der Stadt Augsburg an Bayern 1803 ff. die militärische Grenzverteidi-
gungs- und Handelsfunktion in Wegfall kam. Daß damals die Stadt Landsberg die
Krise überstand, verdankt s.ie einer anderen Funktion, die ihr gleichfalls in der zwei-
ten Hälfte des 13. Jahrhunderts von den Wittelsbachern übertragen worden war: als
Sitz eines wittelsbachischen Landrichters wurde Landsberg zum zentralen Ort eines
großen Landgerichts, aus dem der heutige Landkreis Landsberg hervorging. Wie
stark jedoch die einstige gehobene Stellung Landsbergs als Grenzhandelsstadt im 19.

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[96] wird sich nicht mehr ermitteln lassen. Wir glauben aber nicht fehlzu-
gehen, wenn man die sechziger oder siebziger Jahre des 13. Jhs., also die
Zeit zwischen 1260 und 1280 als Gründungszeit der Stadt Landsberg an-
gibt.
IV. Das Zusammenwachsen von Burg, Dorf und ältester Stadt zur Stadt
Landsberg bis zu Beginn des 15. Jahrhunderts
Im Verlauf des 14. Jahrhunderts dehnte sich die älteste Stadt in nörd-
lich-südlicher Richtung aus'". Wenn nicht schon im 13., so wird gleich zu
Beginn des 14. Jahrhunderts - vielleicht im Zusammenhang mit dem
Neuaufbau nach der kriegerischen Zerstörung im Jahre 1315 - die Ge-
gend des heutigen Klösterls in den Stadtbering einbezogen. In der zwei-
ten Hälfte des 14. Jahrhunderts entwickelte sich in den Ängem nördlich
der Stadt beiderseits des nach Sandau führenden Weges langsam ein neu es
Stadtviertel, der heutige Vordere und Hintere Anger. Er nahm vor allem
die Bewohner des im Städtekrieg 1373 von den Augsburgem zerstörten
Nachbarortes Sandau auf, der damit entvölkert wird. Eine Stadterweite-
rung ging schließlich zu Beginn des 14. Jahrhunderts vor dem heutigen
Schmalzturm vor sich: 1329 ist in einer bisher unbekannt gebliebenen Ur-
kunde von einer "Vorstadt vor dem Baiertor" die Rede80• Sie war gegen-
über dem dörflichen Phetine durch das Pfettnertor auf halber Höhe der
Bergstraße abgegrenzt. In dieser Vorstadt gründete 1349 Markgraf Lud-
wig von Brandenburg, ein Sohn Kaiser Ludwig des Bayern, das Hl. Geist-
Spital. - Von der Burg war "Landsberg im Dorf", das den Pfettnem ge-
hörige alte Phetine, durch den Hofgraben geschieden. Es wurde im Städte-
krieg 1373 völlig niedergebrannt.
Infolge der Erfahrungen, die man im Städtekrieg gemacht hatte,
strebte man nach einer Einbeziehung der bisher ungeschützt vor der Stadt
liegenden Siedlungsteile Landsberg im Dorf und vermutlich auch des An-
gerviertels. Diese wurde 1422-1425 durch die Anlage einer neuen Stadt-
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Jahrhundert noch nachwirkte, geht daraus hervor, daß der Ort 1819 die Rechte einer Stadt mit Magistratsverfassung 11. Klasse erhielt, die in Oberbayern damals nur noch der Stadt Landshut gewährt worden waren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Selbstbewußtsein der Landsberger Bürgerschaft bereits wieder so gewachsen, daß sie 1877 die Kreisfreiheit beantragten und auch erhielten.
79 Siehe KELLER, Oberbayerische Stadtbaukunst u. künftig FRIED, Art. Landsberg im Bayer. Städtebuch.
80 Hauptstaatsarchiv München, Allg. Staatsarchiv, Hl. Kreuz Augsburg Urk. 33.

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mauer bewerkstelligt, die heute noch größtenteils erhalten ist. Die ehe-
dem getrennten Siedlungsteile: Pfetten (= Landsberg im Dorf), Burg,
Altstadt wuchsen so mit der Spital- und Angervorstadt zu einer einzigen
städtischen Siedlungseinheit zusammen, die auch, vom Schloßbezirk ab-
gesehen, einheitliches Stadtrechtsgebiet wurde.
Neben der "oberen Brücke", die Zollbrücke war, führte bis zu Beginn
des 16. Jahrhunderts die "untere Brücke" vom Bäcker- und Färbertor aus
über den Lech hinüber nach Spötting. Nach ihrer Zerstörung wurde etwas
nördlicher die Sandauer Brücke gebaut, die nun vom Sandauertor aus die
Stadt mit Spötting bzw. den dort befindlichen Schwaiggründen verband'".
Wie die meisten bayerischen Städte und Märkt~ verfügte die älteste
Stadt Landsberg über keine Flur. Erst durch die Einbeziehung Pfettens
und den Erwerb der Orte bzw. Fluren von Sandau, Spötting und Pössing
schuf sich die Stadt ein größeres umliegendes Gebiet, das dann die räum-
liche Grundlage für den im 16. Jahrhundert ausgemarkten Burgfrieden
wurde'".

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81 Gericht Landsberg Lit. 39 Nr. 48, 49, gedr. LORI, Lechrain 253. SCHOBER,
Landsberg (2. Aufl.) 23, nimmt allerdings an, daß vom Färbertor aus die Straße der
alten Blaiche entlang über die untere Brücke führte, die demnach schon immer an
der Stelle der heutigen Sandauerbrücke gestanden hätte.
82 Siehe künftig Rist. Atlas Landsberg, Stadt Landsberg.
 
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QUELLENVERÖFFENTLICHUNGEN


Monumenta Boica (MB).
Zintgraf, H.: Regesten ungeclruckter Urkunden zur bayerischen Orts-, Familien-
und Landesgeschichte. 27. Reihe: Urkunden des städtischen Archivs zu Landsberg
am Lech (Oberbayer. Archiv Bd. 49) 1895/96, 543-565.
Schober, J. J.: Die Urkunden Ludwig des Bayern im Stadtarchiv zu Landsberg (Alt-
bayerische Monatsschrift Jg. 7) 1907,48-56.
Jordan, K.: Die Urkunden Heinrichs des Löwen (Monumenta Germaniae Historica,
Laienfürsten. und Dynastenurkunden der Kaiser-zeit) 1941.
Weißthanner, A.: Die Traditionen des Klosters Schäftiarn (Quellen und Erörterun-
gen zur bayerischen Geschichte, Neue Folge 10, 1) 1952, bes. nr. 164.
Baumann, F. L.: Benediktbeurer Urkunden bis 1270 (Sitzungsberichte der Bayeri-
schen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse J gg. 1912), 121 ff.
Lori, J. G. v.: Der Geschichte des Lechrains zweyter Band, Urkunden enthaltend.
Hormayer-Hortenburg, J. Frhr. v.: Die goldene Chronik von Hohenschwangau,
München 1842. (Enthält in Ergänzung von Lori mittelalterliche Urkundenrege-
sten über den ganzen Lechrain),
Weitnauer, A. (Hrsg.): Das Lehenbuch des fürstlichen Stiftes Kempten von 1451
(Allgäuer Heimatbücher, 8. Bändchen) Kempten 1938.


LITERATUR


Die einschlägige Literatur ist bis zum Jahre 1935 in der Bibliographie über Stadt-
und Landkreis Landsberg (Landsberger Geschichtsbliitter (LG) Jgg. 33 (1936) 11ff.)
unter Nr, 1-315 verzeichnet. Daraus verdient namentlich erwähnt zu werden:
Heigel-Riezler: Das Herzogtum Bayern zur Zeit Heinrichs des Löwen und Ottos 1.
von Wittelsbach, München 1867, S. 236: Die welfische Hausmacht.
Zintgraf, H.: Landsberg a. Lech und Umgebung. Historisch-topographische Skizze.
2. Aufl. Landsberg 1884.
Krallinger, J. B.: Neue Beiträge zur Geschichte des Landsberger Gewerbewesens,
Landsberg 1886.
Zwerger, F.: Geschichte der Stadt Landsberg von den ältesten Zeiten bis zum Ende
der napoleonischen Gewaltherrschaft, München 1889.
Die Kunstdenkmale des Königreichs Bayern Bd. I (1895), Stadt Landsberg S.495-
516.
Baumann, F. L.: Zur Geschichte des Lechrains und der Stadt München (Archivalische
Zeitschrift, Neue Folge Bd. 10) München 1902, 1-92; Landsberg S. 16-26, 42-50,
86f.
Schober, J. J.: Landsberg am Lech und seine Umgebung, Landsberg 1903, 2. Aufl.
1922.
- Die Pfarrei Landsberg und ihre Vorstände (LG 17) 1918, 1 ff.
- Der Schloßberg in Landsberg (LG 18) 1922,37-41.
Wallner, E.: Altbairische Siedlungsgeschichte, 1924, 11.
Riezler, S.: Geschichte Baierns Bd. 1,2. Aufl. 1927, 305.
Pfetten-Arnbach, H. C. Frhr. v.: Die Pfetten zu Landsberg und Umgebung bis zum
16. Jahrhundert (LG 25) 1928,57-62.
Rieger, S.: Zur Vor- und Frühgeschichte Landsbergs : Warum die Stadt Landsberg
da erbaut werden mußte, wo sie steht (LG 29) 1932, S. 1,9,17,25,33.
- Vom Werden und Wachsen der Stadt Landsberg a. Lech, Landsberg 1933.
Weber, M.: Beitrag zu Landsbergs Gründungsgeschichte (LG 32) 1935, 15-16.
Elsen, A.: Wie entstand die altbayerische Stadt (Bayerland 46. J gg. Nr. 16) 1935,
481-512; Landsberg S. 485-487, 490, 500.

Moderne Bibliographien, in denen sich Literatur über Landsberg findet, sind:
1) Jahresbibliographie zur bayerischen Geschichte 1927-1958 in der Zeitschrift für
bayerische Landesgeschichte Bd. 1-24; ab 1959 Bayerische Bibliographie.
2) Bibliographie der Kunst in Bayern, IV Bde. 1961 ff.

Von der nach 1935 erschienenen Literatur über die Stadt Landsberg ist in Ergän-
zung der Bibliographie über Stadt und Landkreis zu nennen:
Dirr, P.: Grundlagen der Münchener Stadtgeschichte, München 1937; Landsberg
S.33.
Deutsche Heimatkarte Blatt I: München!Landsberg/Schongau Tolz, München 1938.
Keller, H.: Oberbayerische Stadtbaukunst (Festgabe an W. Goetz) Marburg 1948,
Landsberg S. 54ff.
Schmidt, H.: Landsberg a. L., 1951.
Scherpf, A.: Das Rechtsbuch der Stadt Landsberg am Lech (Diss. Erlangen, auszugs-
weise gedruckt in LG 41 (1951) 33 ff.).
Hofmann, S.: Die oberbayerischen Städte (Bayern. Land und Volk) München 1954,
21-39.
Jordan, K.: Die Städtepolitik Heinrich des Löwen (Hanseatische Gescbichtsblätter 78)
1960,1-36.
Fehn, H.: Städte und Märkte in Oberbayern (Oberbayern, Land und Leute. Hrsgg.
v. L. Rückert. "Deutsche Landschaft" Bd. 9) Essen 1960, 110-135.
Bärmann, J.: Die Städtegründungen Heinrich des Löwen und die Stadtverfassung
des 12. Jahrhunderts (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 1. Bd.) Köln-
Graz 1961.
Hofmann, S.: Landsberg am Lech (Kunstführer, Große Ausgabe Bd. 35) München-
Zürich 1961.
Rieckenberg, H. J.: Landsberg-Phetine, ein Beitrag zur Geschichte der freiherrlichen
Familie von Pfetten (Blätter des Bayer. Landesvereins für Familienkunde 27. Jgg.)
1964,465-477.
Winkelmayer, P.: Wann wurde Landsberg das Stadtrecht verliehen (LG 54) 1964,
Nr.2.
Hofmann, S.: Stadt Landsberg a. Lech (Heimatbuch des Stadt- und Landkreises
Landsberg) Landsberg 1966, 367 ff.
Artikel Landsberg in den Historischen Stätten Bayerns, hrsgg. v. K. Bosl, 2. Anfl.
1965,385.
Fried, P.-Hiereth, S.: Die Landgerichte Landsberg und Schongau (Historischer
Atlas von Bayern, Teil Altbayern).
Fried, P.: Artikel Landsberg im Deutschen Städtebuch, Band Bayern.

Weitere Literaturangaben siehe im Internet unter:

Landkreis Landsberg am Lech
>Kreisheimatpflege >Literatur zum Landkreis und seinen Orten
>Landsberg

ferner:

2, Bd. 1: Dagmar Dietrich (Bearbeitet): Stadt Landsberg am Lech I, Einführung, Bauten in öffentlicher Hand. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1995, ISBN 3-422-00571-4.
3, Bd. 2: Dagmar Dietrich, Heide Weisshaar-Kiem (Bearbeitet): Stadt Landsberg am Lech II, Sakralbauten der Altstadt. Deutscher Kunstverlag, 1997, ISBN 3-422-00572-2.
4, Bd. 3: Dagmar Dietrich (Bearbeitet): Stadt Landsberg am Lech III, Bürgerbauten der Altstadt. H Deutscher Kunstverlag, 1996, ISBN 3-422-00573-0.
5, Bd. 4: Dagmar Dietrich (Bearbeitet): Stadt Landsberg am Lech IV, Vorstadtbereiche und eingemeindete Dörfer. Deutscher Kunstverlag, 1999, ISBN 3-4

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Urkundenregesten zur ältesten Geschichte der Stadt Landsberg

Aus: P.Fried, Die Stadt Landsberg am Lech in der frühen Städtelandschaft Bayerns. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Bd. 32 (1969) S. 68 ff., hier S.97-101


I. Pfetten

1 1. Hälfte 12. Jh. (1135?) ist Anno de Phetene Zeuge bei einer Güter-schenkung an das Kl. St. Ulrich und Afra in Augsburg (MB 22, 38).
2 Vor 1147 ist Ortolfus de Phetine Zeuge bei einem Gutsverkauf an das Kl. Wessobrunn (MB 7, 347).
3 Ca. 1150 sind Hainrich et frater eius de Phetene Zinspflichtige des Klo-sters Schäftlarn (Weissthanner, Trad. Schäftlarn Nr. 461).
4 1150/52 ist Odalricus de Phetine Zeuge bei einer Streitigkeit vor Gericht (Sitzungsberichte der Bayer. Akademie der Wissenschaften, München, phil.-hist. Classe 1912 S. 121).
5 1162 erfolgt eine Gutsschenkung Herzog Heinrichs des Löwen zur Zeit der Erbauung der Burg Phetene (in constructione castri Ph.). Als Zeuge (98]
erscheint ein Odelricus de Phetene (lVeissthanner, Trad.Schäftlarn Nr.164).
Die Burg Phetene ist gleichzusetzen mit der Burg Landsberg.
6 Nach 1170 übergibt Herzog Welf VI. das Schwestergut (sororium) seines Ministerialen Udalricus de Phetene zusammen mit einer Bauernhufe zu (Schwab-) Niederhofen an das Kloster Wessobrunn (MB 7, 357).
7 1174 ist Ulricus de Phetene als ritterlicher Dienstmann Herzog Hein¬richs d. Löwen genannt (Jordan, Urkunden Heinrich des Löwen Nr. 154).
8 1174 (?) sind zu Freising in Anwesenheit Herzog Heinrichs des Löwen und des Bischofs Albert von Freising als Zeugen für das Kloster Innichen u. a. Graf Heinrich "de Stoph" (= Stoffen) et ministeriales nostri ... Ulrich de Phetene genannt (Jordan, Urkunden Heinrich des Löwen Nr.102).
9 Um 1176 ist bei einer Güterschenkung an das Kloster Wessobrunn zu-sammen mit "Heinricus advocatus" (verm. H. v. Stoffen) Udalricus de Phetine, Artolfus frater eius, genannt (MB 7, 363). 10 1179 besitzt das Kloster Wessobrunn u. a. den Zehnt zu Phetine (MB 7, 386).
11 1185-87 ist Olrich de Phetine Zeuge bei einem Gerichtstag des Mark-grafen Berthold (lU.) von Andechs zu Eresing, an dem über einen Güter-streit zwischen den Klöstern Rottenbuch und Schäftlarn entschieden wird (Weissthanner, Trad. Schäftlam Nr. 262).
12 1192 sind Hermanus und sein Bruder Henricus de Phetine Zeugen einer Gutsübertragung an das Kloster Wessobrunn (MB 7, 368).
(Ab 1200 sind die urkundlichen Erwähnungen der Pfettner bei Pfetten- Arnbach, Pfetten zu Landsberg angeführt).
13 1219 bestätigt Papst Honorius dem Kloster Wessobrunn seinen Besitz, insbesondere aber die Kirche Phetine, die das Kloster rechtmäßig besitzt und deren Einkünfte nach dem Tode des Geistlichen (clericus) vorbehaltlich der Rechte des Diözesanbischofs dem Kloster gehören sollen (MB 7, 389). Im Original steht der Ortsname Phetine auf Rasur. Da aber der Ort auch in den gleichzeitigen päpstlichen Registem genannt ist, handelt es sich um keine Fälschung.
14 1246 bestätigt König Konrad (IV.), der Sohn Kaiser Friedrichs H., die Schenkung der Kirche in Phetine durch Herzog Otto II. v. Bayern an das Kloster Wessobrunn (MB 7, 399 f.).
15 1258 sind Hermanus des Pfetin, Ulricus frater suus, Zeugen bei der Be-stätigung der Privilegien des Klosters Dießen durch Herzog Ludwig H. von Bayem (MB 8, 188).
16 1401 Landsberg, alias Phetine (in einer Papsturkunde, MB 7, 409). [99]


II. Landsberg


1 1162 richtet in castro Landespurch Herzog Heinrich d. Löwe in An-wesenheit von Graf Berthold v. Andechs, Pfalzgraf Otto v. Wittelsbach und dem Burggrafen Heinrich v. Regensburg über eine Güterstreitigkeit des Kl. Polling (MB 10, 17f.).
2 1162/63 übereignet in castro suo Landespurc Herzog Heinrich d. Löwe Güter seines ritterlichen Dienstmannes Rodeger v. Pforzheim dem Kl. Polling (MB 10, 20).
3 1163/1168 erfolgt eine Güterschenkung zu Landesperc ultra pontem (L. jenseits der Brücke). Zeuge ist u. a. ein Eppo de Landesperg (MB 10, 23).
4 1176 erfolgt eine Verhandlung über liegendes Gut zu Weil u. anderen Orten zwischen Heinrich v. Stoffen und dem Kl. Wessobrunn in Landes-perch (MB 7,363).
5 1180./83 ist Heinricus de Lantesberch Zeuge bei einer Güterschenkung an das Kl. Schäftlarn (Weissthanner,Trad. Schäftlarn Nr. 240.).
Vermutlich personengleich mit Heinrich v. Stoffen.
6 1192 wird in Landesperch ein Termin für eine gütliche Beilegung einer Güterstreitigkeit zwischen dem Kloster Wessobrunn und Wernhard v. Stoffen anberaumt. Gleichzeitig erfolgt zu Landesperch eine Auflassung liegenden Guts an das Kl. Wessobrunn durch die Schwester Wernhards v. Stoffen. Zeuge ist u. a. Ekkolf de Landesberg (MB 7, 368).
7 Nach 1192 ist in dem von Abt Hermann v. Niederaltaich (ca. 1200-1275) angelegten Verzeichnis der an die Herzöge Ludwig I. und Otto II. an-gefallenen Erbschaften ein Heinricus liber de Lantsperch apud lech flumen (H. der Freie v. L. am Lechfluß) aufgeführt (Monumenta Ger-maniae Historica, Scriptores Bd. XVII S. 377).
Heinrich von Landsberg ist personengleich mit dem 1192 verstorbenen Heinrich von Stoffen, der Vogt von Wessobrunn und ritterlicher Vasall Heinrichs d. Löwen war (vgl. Riezler, Gesch. Baierns II, 16; Baumann, Lechrain 22; MB 7, 376).
8 Ca. 1197-1199 übergibt der Nobilis homo domnus Wernhardus de Lants-perch ein Gut an das Kl. Schäftlarn (Weissthanner, Trad. Schäftlarn, Nr. 337 a).
9 Um 1200. ist Eberhardus der Wolf de Lantsperg Zeuge bei einer Guts-schenkung an das Kl. Schäftlarn (Weissthanner, Trad. Schäftlarn Nr.354a).
10 1261 ist Berchtoldus Juder noster (= Herzog Ludwigs d. Strengen) in Lansperch dictus de Chamer Zeuge bei der Schenkung einer Mühle zu [100]Dießen durch Herzog Ludwig d. Strengen a. d. Kloster Dießen (MB 8, 181).
11 1279/84 sind im zweiten Herzogsurbar aput Lantsperch zwei Höfe und je eine Mühle zu Spettingen und Lantsperch aufgeführt (MB 36a, 200; Orig. Hauptstaatsarchiv München, Allgem. Staatsarchiv Bestand Staats¬verwaltung Nr. 1065 fol. 44).
12 Nach 1279/84 sind als Einkünfte de iudicio civitatis in Lantsperch (vom Stadtgericht L.) 10 Pfund Augsburger Pfennige im Herzogsurbar ge¬nannt. Ferner folgende Abgaben:
a) Stadtsteuer 50 Pfund Augsburger Pfennige.
b) Wagenpfennige der durch Bayern durchfahrenden Leute 10 Pfund Münchner Pfennige; sie dienen als Zoll.
c) Wagenpfennige der von Schwaben (der anderen Seite des Lechs) her
durchreisenden Personen 10 Pfund Augsburger Pfennige.
d) Lechzoll von den Flößen 30 Pfund Augsburger Pfennige.
e) Marktzoll2 Pfund Augsburger Pfennige.
f) Salzzoll nach Aussagen der ältesten und vermögenderen Einwohner 200 Pfund Augsburger Pfennige (MB 36a S. 201).
13 1290-1293 werden im Rechnungsbuch des oberen Vitztumamtes (Mün-chen) mehrmals Steuerabgaben von Bürgern und Juden von Lantsperch aufgeführt (Oberbayer. Archiv Bd.26 (1865) Nr.1, 12, 28, 37, 39, 50, 52,56,67,69).
14 1292 werden 4 Pfund Pfennige vom Herzog dem Notarius (= Schreiber) de Lantsperch gegeben, der zum Herzog von Österreich geschickt wurde, als dieser zu Nellenburg belagert wurde (Oberbayer. Archiv Bd. 26 Nr. 44 S. 302).
15 1297 übergibt Cunradus dictus Enserer, civis in Lanndsperg, ein Gut zu Schwiftung an das Kl. Schäftlarn. Heinricus de Pheten et Communitas civium in Lanndsperg siegeln die Urkunde (MB 8,51/52).
16 1310 fällt Lantsperch div purch und stat an den Ingolstädter Landesteil (Quellen u. Erörterungen z. bayer. Geschichte, Alte Folge, Bd. VI S. 161).
17 1315 verleiht König Ludwig der Bayer "dem Rat vnd der gemain der Bürger von Landsperg" den sog. "Wagenpfennig" und "alle die recht, die vnser Stat von München vnd die Bürger von vnsern voruarn seligen von vns vnd von vnsern bruder Herzog Rvdolfen gehabt habent" (Stadt¬rechtsbuch im Stadtarchiv zu Landsberg fol. 100; gedruckt bei F. Zwer¬ger, Geschichte Landsberg 33; Schober, Urk. Ludw. d. Bayern 50 Anm.5).
Beziehung auf das sog. "Rudolfinum" = das 1294 den Münchner Bür-gern von Herzog Rudolf verliehene "bessere" Stadtrecht. [101]
18 Aus dem beginnenden 14. Jahrhundert (1325 bzw. 1329) ist das älteste uns bekannte Stadtsiegel mit der Umschrift "Sigillum civitatis de Lands-perch" erhalten. Im Hauptbild ist ein pyramidenförmiger Schollenberg, der von einem sehr kleinen Kreuze gekrönt wird. Rechts daneben er-scheint in kleinerem Schilde das Rautenwappen, links der Löwe (Haupt-staatsarchiv München, Allgemeines Staatsarchiv, Urkunden des Kl. Hl. Kreuz Augsburg Facz. 4, Urk. 28 u. 33. Vgl. hierzu Baumann, Lechrain 44 und vor allem Schober, Pfarrei Landsberg 1 ff. mit Abb.).
18a 1329 wird eine Hofstätte "in der Vorstadt vor dem Baiertor" erwähnt (wie Regest 18, Urk. 33). Der heutige Schmalzturm führte also vor der Errichtung des heutigen Bayertores dessen Namen.
19 Im Herzogsurbar aus der Zeit um 1330 sind aufgeführt als Stadtsteuer 40 Pfund Pfennige, als Einnahmen vom Gericht 40 Pfund Pfennige, von den Juden 10 Pfund Pfennige, von den drei Mühlen 18 Pfund, 7 Schil-linge mit 10 Pfennigen einschließlich der Pfennige von den Geldzinsern, von dem Ungeld (= indirekte Steuer, ohne nähere Angabe), vom Salz-zoll 322 Pfund Pfennige, vom Lechzoll 20 Pfund Pfennige, vom Markt-zoll 2 Pfund, vom Wagenzoll (MB 36b, 521 f.; vgl.auch S.570).
20 Im Herzogsurbar von ca. 1330 sind 2 Höfe zu "Lantsperch" angeführt, die zur dortigen Burg (castrum) gehören. Zur Burghut (=Burgpflege) des Amtes Landsberg gehören Güter zu Merching, Prittriching, Scheu-ring und Dettenhofen (MB 36b, 521).
21 1361 verkauft ein Ehepaar mit Zustimmung ihres Lehensherrn Ulrich Pfettner aus ihrem "Hause, so gelegen zu L. im Dorf", einen Zins (Zint-graf, Urkunden Landsberg 293).
22 1360 ist Ludwig von Mundrichingen Landrichter und Stadtrichter zu Landsberg (Zintgraf, Urkunden Landsberg 293).
23 1380 erhält Ulrich der Pfettner von den bayerischen Herzögen Stephan und Johann das Schloß Rauhenlechsberg zu lebenslänglicher Nutzung, "wan er "vns sein haus (= Schloß) in der vestn zu Lantzberg gebn hat vnd sich dez gaentzlichen verzigen (= losgesagt, verzichtet) hat mit aller zugehorung, was in der veste Rinckmauer gelegen ist. Aber an andern seiner Guter, die er (= der Pfettner) zu Lantzberg hat, daz sey Gerichtt, Lehnschaft oder chastn, Aigen oder Lehn, darn sulln noch wellen wür (= Herzog) yn (ihn, den Pfettner) nichtz irren noch engen in dhain weis, wan (= da) er sich newr allein dez hauzz, vnd waz er in der vest Rinckmaur gehabt hat, verzigen hat ... " (Hauptstaatsarchiv München, Allg. Staatsarchiv Bestand Kurbaiern Urk. Nr. 18850).
24 1451 ist "Lantsberg daz schloß und die statt" im Lehenbuch des Stiftes Kempten an erster Stelle genannt ("Nota lehen deß Gutshus. Deß ersten Adel, Herschafft, Schloß, Dörffer, Gricht, Zwing und Bann und Kir-chen"). (A. Weitnauer (Hrsg.), Das Lehenbuch Kempten von 1451 S. 1).

Quellen- und Literaturangaben S. 102 ff.

Die hier abgekürzt angegebene Literatur ist dort ausführlich aufgeführt.

Ende